»Ach Ron, da wird niemand drin sein«, sagte Hermine. Sie richtete sich auf und kam zu ihm heruber.»Da lebt die Maulende Myrte. Komm, lass uns mal nachsehen.«
Sie setzte sich uber das gro?e»Defekt«-Schild hinweg und offnete die Tur. Es war der dusterste und trostloseste Toilettenraum, den Harry je betreten hatte. Unter einem riesigen gesplitterten und fleckigen Spiegel zog sich eine Reihe angeschlagener Waschbecken entlang. Der Boden war feucht und spiegelte trube das Licht einiger Kerzenstummel wider, die in ihren Haltern ausbrannten; von den zerkratzten Holzturen der Kabinen schalte sich die Farbe ab und eine hing in den Angeln.
Hermine druckte die Finger an die Lippen und schlich hinuber zur hintersten Kabine. Dort angelangt, sagte sie:»Hallo, Myrte, wie geht es dir?«
Harry und Ron traten neugierig hinzu. Die Maulende Myrte schwebte uber der Kloschussel und druckte an einem Pickel auf ihrem Kinn herum.
»Das ist ein Madchenklo«, sagte sie und musterte Ron und Harry mi?trauisch.»Das sind keine Madchen.«
»Nein«, stimmte ihr Hermine zu,»ich wollte ihnen nur zeigen, wie – ahm – nett du es hier hast.«
Mit einer Armbewegung deutete sie auf den schmutzigen alten Spiegel und den feuchten Boden.
»Frag sie, ob sie etwas gesehen hat«, hauchte Harry in Hermines Ohr.
»Was flusterst du da?«, fragte Myrte und starrte ihn an.
»Nichts«, sagte Harry rasch.»Wir wollten nur fragen -«
»Ich wunschte, die Leute wurden aufhoren, hinter meinem Rucken zu reden!«, sagte Myrte mit tranenerstickter Stimme.»Ich hab auch Gefuhle, mu?t ihr wissen, obwohl ich tot bin -«
»Myrte, niemand will dich argern«, sagte Hermine,»Harry wollte nur -«
»niemand will mich argern! Guter Witz«, heulte Myrte.»Mein Leben hier drin war nichts als das reine Elend, und nun kommen auch noch Leute, die mir den Tod ruinieren!«
»Wir wollten dich fragen, ob du in letzter Zeit etwas Merkwurdiges gesehen hast«, sagte Hermine rasch.»Denn direkt vor der Tur wurde an Halloween eine Katze angegriffen.«
»Hast du an diesem Abend jemanden hier gesehen?«, fragte Harry.
»Ich hab nicht drauf geachtet«, sagte Myrte aufbrausend.»Peeves hat mich derart zur Verzweiflung getrieben, da? ich hierher gefluchtet bin und versucht habe, mich umzubringen. Dann ist mir naturlich eingefallen, da? ich… da? ich…«
»Da? du schon tot bist«, half Ron ihr weiter.
Myrte stie? ein dramatisches Schluchzen aus, stieg hoch in die Luft, drehte sich um und sturzte sich, die drei mit Wasser bespritzend, kopfuber in die Kloschussel, wo sie verschwand; ihren dumpfen Schluchzern nach zu schlie?en war sie irgendwo im Abflu?rohr zur Ruhe gekommen.
Harry und Ron standen mit offenen Mundern da, doch Hermine zuckte matt die Achseln und meinte:»Offen gestanden war das fur Myrtes Verhaltnisse eine fast frohliche Unterhaltung… kommt, gehen wir.«
Harry hatte kaum die Tur hinter Myrtes gurgelnden Schluchzern zugeschlagen, als eine laute Stimme die drei zusammenzucken lie?.
»RON!«
Percy Weasley, mit glanzendem Vertrauensschulerabzeichen, stand wie angewurzelt am Treppenabsatz, mit dem Ausdruck unglaubigen Staunens auf dem Gesicht.
»Das ist ein Madchenklo!«, sagte er entsetzt,»was habt ihr -?«
»Haben uns nur ein wenig umgesehen«, meinte Ron achselzuckend,»Spuren, wei?t du -«
Percy schwoll auf eine Weise an, die Harry stark an Mrs Weasley erinnerte.»Verschwindet – auf – der – Stelle«, sagte er, schritt auf sie zu und begann sie mit den Armen fuchtelnd fortzuscheuchen.»Ist euch denn egal, was das fur einen Eindruck macht? Hierher zuruckzukommen, wahrend alles beim Abendessen ist?«
»Warum sollten wir nicht hier sein?«, versetzte Ron aufgebracht. Er hielt an und stellte sich wutend vor Percy auf.»Hor zu, wir haben diese Katze nicht angeruhrt!«
»Das hab ich auch Ginny gesagt«, sagte Percy erbost,»aber sie denkt offenbar immer noch, da? ihr von der Schule fliegt, ich hab sie nie so aufgeregt gesehen, sie heult sich die Augen aus, denk doch mal an sie, alle Erstkla?ler sind wegen dieser ganzen Geschichte vollig aus dem Hauschen -«
»Dir ist Ginny doch egal«, sagte Ron, und die Ohren liefen ihm jetzt rot an.»Du machst dir nur Sorgen, da? ich dir die Chance verma?le, Schulsprecher zu werden -«
»Funf Punkte Abzug fur Gryffindor«, sagte Percy barsch und befingerte sein Vertrauensschulerabzeichen.»Und ich hoffe, das ist dir eine Lektion! Keine Detektivarbeit mehr, oder ich schreibe an Mum!«
Und er schritt davon, sein Nacken so rot wie Rons Ohren.
Harry, Ron und Hermine setzten sich an diesem Abend im Gemeinschaftsraum so weit wie moglich von Percy weg. Ron war immer noch schlecht gelaunt und bekleckste standig seine Zauberkunst-Hausaufgaben. Als er gedankenverloren nach seinem Zauberstab griff, um die Kleckse zu entfernen, fing das Pergament Feuer. Ron, der vor Zorn fast so rauchte wie seine Hausaufgaben, schlug das Lehrbuch der Zauberspruche, Band 2 zu. Zu Harrys Uberraschung tat es ihm Hermine gleich.
»Aber wer konnte es denn sein?«, sagte sie mit ruhiger Stimme, als wurde sie gerade ein Gesprach fortsetzen.»Wer wurde alle Squibs und Muggelkinder aus Hogwarts vertreiben wollen?«
»Uberlegen wir mal«, sagte Ron mit gespielter Ratlosigkeit,»wer, den wir kennen, denkt, Muggelkinder seien Abschaum?«
Er sah Hermine an. Hermine gab den Blick zuruck, nicht gerade uberzeugt.»Wenn du von Malfoy redest -«
»Naturlich tue ich das!«, sagte Ron,»du hast ihn gehort
»Ihr seid die Nachsten, Schlammbluter!«-. du mu?t dir nur sein fieses Rattengesicht ansehen, dann wei?t du, da? er es ist -«
»Malfoy, der Erbe von Slytherin?«, sagte Hermine zweifelnd.
»Schau dir seine Familie an«, sagte Harry und schlug ebenfalls seine Bucher zu.»Die ganze Bande war in Slytherin, damit prahlt er doch immer. Sie konnten ohne weiteres die Nachfahren von Slytherin sein. Sein Vater ist bose genug.«
»Vielleicht haben sie schon seit Jahrhunderten den Schlussel zur Kammer des Schreckens«, sagte Ron,»geben ihn immer weiter, die Vater den Sohnen…«
»Gut«, Hermine zogerte,»ich denke, es ware moglich…«
»Aber wie beweisen wir es?«, fragte Harry.
»Es konnte da eine Moglichkeit geben«, sagte Hermine langsam, und mit einem raschen Blick hinuber zu Percy senkte sie ihre Stimme noch weiter.»Naturlich ist es schwierig. Und gefahrlich, sehr gefahrlich. Wir wurden wahrscheinlich funfzig Schulregeln brechen, furchte ich -«
»Wenn du irgendwann mal Lust haben solltest, uns das naher zu erklaren, vielleicht in einem Monat oder so, dann sag einfach Bescheid?«, sagte Ron gereizt.
»Na gut«, sagte Hermine kuhl.»Wir mussen in den Gemeinschaftsraum der Slytherins kommen und Malfoy ein paar Fragen stellen, ohne da? er merkt, da? wir es sind.«
»Aber das ist unmoglich«, sagte Harry, und Ron lachte auf.
»Nein, ist es nicht«, sagte Hermine.»Alles, was wir brauchen, ware ein wenig Vielsaft-Zaubertrank.«
»Was ist das?«, fragten Ron und Harry wie aus einem Munde.
»Snape hat es neulich im Unterricht erwahnt -«
»Glaubst du, wir haben in Zaubertranke nichts Besseres zu tun als Snape zuzuhoren?«, murrte Ron.
»Er verwandelt einen in jemand anderen. Denkt daruber nach! Wir konnten uns in drei Slytherins verwandeln. Keiner wurde wissen, da? wir es sind. Malfoy wurde wahrscheinlich alles vor uns ausplaudern. Er prahlt damit bestimmt gerade jetzt im Gemeinschaftsraum der Slytherins, wenn wir ihn nur horen konnten.«
»Dieses Vielsaft-Zeugs klingt mir ein wenig tuckisch«, sagte Ron stirnrunzelnd.»Was, wenn wir stecken bleiben und fur immer wie drei Slytherins aussehen?«
»Nach einer Weile verliert sich die Wirkung«, sagte Hermine, ungeduldig mit der Hand wedelnd,»aber an das Rezept zu kommen wird schwierig werden. Snape meinte, es sei in einem Buch namens Hochst potente Zaubertranke und es wird sicher in der Verbotenen Abteilung der Bibliothek sein.«