»Mach dich nicht lacherlich, Fred«, sagte Mrs Weasley mit deutlich rosa angehauchten Wangen.»Na gut, wenn ihr glaubt, ihr wu?tet's besser als Lockhart, dann mal los, und wehe, es ist noch ein einziger Gnom im Garten, wenn ich nachschauen komme.«
Grummelnd und gahnend schlurften die Weasleys nach drau?en, Harry im Schlepptau. Der Garten war gro? und genau nach Harrys Geschmack. Die Dursleys hatten ihn nicht gemocht – es gab eine Menge Unkraut und das Gras hatte mal gemaht werden mussen – entlang der Mauer standen knorrige Baume; in den Blumenbeeten wucherten Pflanzen, die Harry noch nie gesehen hatte, und in einem gro?en grunen Teich quakten Frosche.
»Auch Muggel haben Gartengnomen, mu?t du wissen«, sagte Harry, wahrend sie uber den Rasen gingen.
»ja, ich hab die Dinger gesehen, die sie fur Gnomen halten«, sagte Ron, kniete sich hin und steckte den Kopf tief in einen Pfingstrosenbusch,»zum Beispiel fette kleine Weihnachtsmanner mit Angelruten…«
Es gab ein heftiges Gezerre, der Pfingstrosenbusch zitterte und Ron richtete sich auf.»Das ist ein Gnom sagte er grimmig.
»Loslassen, loslassen!«, fiepte der Gnom.
Er sah ganz und gar nicht nach einem Weihnachtsmann aus. Er war klein und lederhautig und hatte einen gro?en, knubbligen Glatzkopf wie eine Kartoffel. Ron hielt ihn mit ausgestrecktem Arm von sich, weil er mit seinen hornhautigen kleinen Fu?en um sich trat; er packte ihn um die Fu?gelenke und lie? ihn mit dem Kopf nach unten baumeln.
»so macht man das«, sagte er. Er hob den Gnomen hoch (»Loslassen!«) und begann ihn wie ein Lasso uber seinem Kopf zu schwingen. Als er Harrys erschrockenes Gesicht sah, sagte Ron:
»Es tut ihnen nicht weh – man mu? sie nur richtig schwindlig machen, damit sie nicht wieder in ihre Locher zuruckfinden.«
Er lie? los: Der Gnom flog zehn Meter durch die Luft und landete mit einem Plumps im Feldjenseits der Hecke.
»Erbarmlich«, kommentierte Fred den Wurf.»Ich wette, ich kann meinen bis zu diesem Baumstumpf schleudern.«
Harry merkte schnell, da? man nicht allzu viel Mitleid mit den Gnomen haben brauchte. Den ersten, den er fing, wollte er einfach auf die andere Seite der Hecke fallen lassen, doch der Gnom, der seine Vorsicht spurte, versenkte seine messerscharfen Zahnchen in Harrys Finger. Der hatte Muhe, ihn abzuschutteln, bis -
»Mensch, Harry! Das mussen zwanzig Meter gewesen sein…«
Bald war die Luft erfullt von fliegenden Gnomen.
»Siehst du, sie sind nicht allzu helle«, sagte George, der funf oder sechs Gnomen gleichzeitig gepackt hatte.»Sobald sie wissen, da? es mit dem Entgnomen losgeht, sturmen sie hoch, um zuzusehen. Man sollte meinen, inzwischen hatten sie gelernt, in ihren Lochern zu bleiben.«
Mit eingezogenen kleinen Schultern begannen die Gnomen auf dem Feld im Gansemarsch davonzuziehen.
»Die kommen zuruck«, sagte Ron, wahrend sie die Gnomen in der Hecke auf der anderen Seite des Feldes verschwinden sahen.»Denen gefallt es hier… Dad ist nicht streng genug mit ihnen. Er findet sie lustig…«
In diesem Augenblick fiel die Haustur ins Schlo?.
»Er ist da!«, sagte George,»Dad. ist heimgekommen!«
Sie rannten durch den Garten zuruck ins Haus.
Mit geschlossenen Augen und der Brille in der Hand war Mr Weasley auf einem Kuchenstuhl zusammengesunken. Er war dunn und hatte nur noch sparliches, doch ebenso rotes Haar wie seine Kinder. Sein langer gruner Umhang war staubig und verschlissen.
»Was fur eine Nacht«, murmelte er und griff nach der Teekanne, wahrend sich die jungen um ihn herum niederlie?en.»Neun Hausdurchsuchungen. Neun! Und der alte Mundungus Fletcher wollte mir einen Zauberbann auf den Hals jagen, als ich ihm gerade den Rucken zudrehte…«
Mr Weasley nahm einen kraftigen Schluck Tee und seufzte.
»Hast du was gefunden, Dad?«, wollte Fred wissen.
»Nichts au?er ein paar schrumpfenden Schlusseln und einem bei?enden Kessel«, gahnte Mr Weasley.»Au?erdem noch einige recht uble Sachen, fur die wir allerdings nicht zustandig sind. Mortlake haben sie wegen ein paar au?erst merkwurdiger Frettchen zum Verhor mitgenommen, aber das fallt nicht in meine Abteilung, Gott sei Dank…«
»Warum sollte sich jemand die Muhe machen, Turschlussel schrumpfen zu lassen?«, fragte George.
»Einfach um die Muggel zu argern«, seufzte Mr Weasley.»Verkaufen ihnen Schlussel, die zusammenschrumpfen, bis nichts mehr ubrig ist, und die Muggel konnen sie dann nicht mehr finden… Naturlich ist es sehr schwer jemanden dafur ranzukriegen, denn kein Muggel wurde zugeben, da? sein Schlussel schrumpft – sie behaupten andauernd, sie wurden sie verlieren. Das muss man ihnen lassen, sie tun alles, um die Zauberei zu ubersehen, selbst wenn sie ihnen ins Gesicht springt… Aber was unsere Leute inzwischen alles so verzaubern, ihr wurde es nicht glauben
»AUTOS, ZUM BEISPIEL?«
Mrs Weasley war in der Kuche erschienen und hielt einen langen Schurhaken wie ein Schwert in der Hand. Mr Weasley ri? die Augen auf, Schuldbewu?t starrte er seine Frau an.
»A-Autos, Molly, Liebling?«
»ja, Arthur, Autos«, sagte Mrs Weasley mit blitzenden Augen.»Stell dir vor, ein Zauberer kauft ein rostiges altes Auto und sagt seiner Frau, er wolle es nur auseinander nehmen, um zu sehen, wie es funktioniert, aber in Wahrheit verzaubert er es, damit es fliegen kann.«
Mr Weasley blinzelte.
»Nun, Liebling, ich denke, du wirst feststellen, da? er sich damit durchaus im Rahmen des Gesetzes bewegt, selbst wenn, ahm, er vielleicht besser daran getan hatte, seiner, ahm, Frau die Wahrheit zu sagen… es gibt da eine Lucke im Gesetz, wie du sehen wirst… solange er namlich nicht beabsichtigte, den Wagen zu fliegen, ist die Tatsache, da? der Wagen fliegen konnte, nicht unbedingt -«
»Arthur Weasley, du selbst hast dafur gesorgt, da? es eine Lucke gibt, als du dieses Gesetz verfa?t hast«, rief Mrs Weasley,»damit du weiter an diesem ganzen Muggelschrott in deinem Schuppen herumbasteln kannst! Und zu deiner Information: Harry ist heute Morgen in eben diesem Wagen hergekommen, den du nie zu fliegen beabsichtigt hast!«
»Harry?«, sagte Mr Weasley ahnungslos,»Harry wer?«
Er sah sich um, erblickte Harry und sprang auf.
»Gutiger Gott, ist das Harry Potter? Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Ron hat uns so viel erzahlt -«
»Deine Sohne haben den Wagen heute Nacht zu Harrys Haus geflogen und wieder zuruck!«, rief Mrs Weasley.»Was sagst du dazu?«
»Habt ihr wirklich?«, fragte Mr Weasley begeistert.»Ist alles gut gegangen? Ich – ich meine«, stammelte er, als er sah, da? aus Mrs Weasleys Augen Funken spruhten,»das -war ganz falsch von euch, Jungs – wirklich ganz falsch…«
»La? sie das unter sich ausmachen«, flusterte Ron in Harrys Ohr, wahrend Mrs Weasley anschwoll wie ein Ochsenfrosch.»Komm, ich zeig dir mein Schlafzimmer.«
Sie schlichen sich aus der Kuche und gingen einen engen Gang entlang zu einer schiefen Treppe, die sich zickzackformig durch das Haus emporwand. Im dritten Stock stand eine Tur offen. Harry konnte gerade noch ein Paar hellbrauner Augen sehen, die ihn anstarrten, bevor sie ins Schlo? fiel.
»Ginny«, sagte Ron,»du wei?t ja nicht, wie komisch es ist, da? sie so scheu ist, normalerweise hort sie nicht auf zu plappern -«
Sie stiegen noch zwei Stockwerke hoch und standen nun vor einer Tur. Die Farbe blatterte bereits ab und auf einem kleinen Schild stand:»Ronalds Zimmer«.
Harry trat ein, wobei er mit dem Kopf beinahe an die schrag abfallende Decke stie?, und blinzelte uberrascht. Es war, als ob er in einen Hochofen geraten ware: Fast alles in Rons Zimmer gluhte orangerot; die Bettdecke, die Wande, sogar die Decke. Dann erkannte Harry, da? Ron fast jeden Zentimeter der schabigen Tapete mit Postern derselben sieben Hexen und Zauberer voll geklebt hatte, die alle leuchtend orangerote Umhange trugen, auf Besen sa?en und begeistert winkten.